Preisexplosion für Putenfleisch befürchtet

Neue Vorschriften von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir

Neue Vorschriften von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir: Preisexplosion für Putenfleisch befürchtet. Christopher Kalvelage, Christoph Lang und Jens von Seggern im Gespräch mit Medienvertretern zum Thema "Eckpunktepapier Putenhaltung" - eine Preisexplosion für Putenfleisch wird befürchtet.

 

Der Geflügelfleischspezialist HEIDEMARK, Europas größter Vermarkter von Putenfleisch, fürchtet um die Putenhaltung in Deutschland. „Wenn das Eckpunktepapier zur Putenhaltung von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir so umgesetzt wird wie es auf dem Tisch liegt, können Landwirte in Deutschland keine Puten mehr halten“, fürchtet Christopher Kalvelage, Geschäftsführender Gesellschafter von HEIDEMARK. „Das öffnet die Türen für Billigimporte aus dem Ausland.“ In Deutschland würde nach ersten Berechnungen Putenfleisch zum Luxusartikel mit Preiserhöhungen von 2,50 Euro pro Kilogramm.

Kalvelage kritisiert, dass der Minister ein Papier veröffentlicht habe, ohne sich auch nur ein einziges Mal mit der Branche über den Ist-Zustand ausgetauscht zu haben. „Ich bezweifele, dass er weiß, wie die Aufzucht von Puten in Deutschland wirklich aussieht. Er hat noch keinen Stall gesehen, es gibt keinen fachlichen Austausch, weder mit den Putenhaltern noch mit den Geflügelvermarktern“, so der Inhaber von HEIDEMARK. „Wenn ein Minister in einem wichtigen wirtschaftlichen Bereich solch gravierende Veränderungen anstrebt, erwarte ich Fach- und Sachkenntnis und entscheide so etwas nicht nach Aktenlage.“

Bereits seit 2013 gibt es bundeseinheitliche Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen mit hohen Ansprüchen an das Tierwohl. Es besteht aktuell keinerlei Notwendigkeit, mit dem Schließen von möglichen Lücken in der Nutztierhaltungsverordnung im Bereich der Putenhaltung zu beginnen und im Rahmen nationaler Alleingänge massiv in bestehende Festlegungen und Regelungen der Putenhaltung einzugreifen. Kalvelage: „Ich würde mich sehr freuen, wenn wir die bisherige Sprachlosigkeit auflösen könnten und lade den Minister in unser Unternehmen und in unsere landwirtschaftlichen Betriebe ein, damit er sich vor Ort ein Bild machen kann.“

Einheitliche europäische Regelung in der Nutztierhaltung muss geschaffen werden
Bei einer Umsetzung des Eckpunktepapiers ist ein Abwandern der Putenwirtschaft in andere EU- und Drittländer praktisch unvermeidlich. Die in Deutschland getroffene Regelung hat Vorbildcharakter: die Besatzdichten liegen deutlich unter den Empfehlungen des europäischen Geflügelverbands AVEC mit 63 kg/m².

Neben Deutschland es gibt es nur in Polen und Ungarn spezifische Haltungsverordnungen für Puten mit deutlich niedrigeren Haltungsstandards. In Italien, Frankreich und Spanien existieren keine Obergrenzen für die Besatzdichte. In Kombination mit der aktuellen Erhöhung der Importquoten für Geflügelfleisch für Brasilien, Chile, Ukraine durch die EU werden Tierleid und gesundheitliche Risiken (Einsatz von nicht in der EU zugelassenen Medikamenten in der Mast) importiert, statt Tierwohl im eignen Land gesichert.
„Niemand kann wollen, dass wir regional erzeugtes Fleisch durch Importe ersetzen, die oftmals unter deutlich niedrigeren Tierwohl-, Umwelt- und Sozialstandards produziert werden“, sagt Kalvelage. Weil genau dieses aber passiere, sei eine europäische Lösung statt Insellösungen gefordert. „Was beim Automobilantrieb und bei der Gebäuderichtlinie EU-weit gilt, muss auch in der Lebensmittelerzeugung möglich sein“, fordert Kalvelage den Abschied vom deutschen Alleingang in der Nutztierhaltung.

Im Rahmen der “Farm to Fork Strategy“ ist von der EU-Kommission ein Prozess zur Überarbeitung der Tierschutzvorschriften, einschließlich Tiertransporte und Schlachtung von Tieren aufgesetzt, um sie an die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassen. Dieser Prozess läuft bereits für alle Tierarten, auch für die Pute. HEIDEMARK-Chef Kalvelage sagt: „Anstelle eines nationalen Alleingangs wäre es sinnvoller diesen Prozess zu nutzen, um deutsche Positionen einzubringen und einheitliche Regelungen im europäischen Binnenmarkt für die Putenhaltung zu treffen und damit Wettbewerbsgleichheit zu sichern.“